TOS Story von D.O. – zusätzliche und rudimentäre Halsrippen, sowie OP

TOS Story D.O.

Mein TOS fing 2009 an. Nachdem ich einen Bewohner aus der Badewanne gehoben habe, spürte ich zu Hause massive, stechende Schmerzen in den Schultern. Diese dauerten einige Tage an.

Mit einer orthopädischen Matratze verschwand der Schmerz. Zurück blieben leichte Parästhesien sowie Belastungsschmerzen. Fenster putzen ging u.a. gar nicht mehr. Ich schob das immer wieder auf den Beruf, habe alle möglichen Krankheiten ausschließen lassen. Ein Orthopäde schickte mich schließlich zum Psychiater. Ich habe gute Ärzte kennengelernt, ebenso viele menschlich schlechte Ärzte. Durch meine Ausbildung hatte ich zumindest das medizinische Wissen und war den Ärzten so nicht völlig ausgesetzt, wenn sie mit sich reden ließen. Die Zeit verstrich, aber der rechte Arm hatte immer mehr Probleme. Kinder tragen war nicht förderlich.

Schleichend, aber stetig wurden die schmerzfreien Episoden weniger. Durch einen Hausarztwechsel und sein Fachwissen fiel das erste Mal der Begriff TOS.

Also ab ins Netz und neben der Erleichterung, zu wissen was man wahrscheinlich hat, der Schock, welche Möglichkeiten einem zur Behandlung bleiben.

Da recht schnell Halsrippen nachgewiesen worden sind, gab es mit konservativen Methoden kaum Handhabe. Die Diagnose in Kassel zur Abklärung ergab 2015, dass die rechte Seite operiert werden müsste. Habe dann bis zur OP 2018 alles gelesen, was im Netz zu finden war: amerikanische, deutsche, niederländische Berichte, med1 Forum. Allerdings war es kaum hilfreich, da die Meinungen stark auseinander gingen. Die Entscheidung zur OP konnte ich nur selbst treffen. Hätte sie am liebsten jeden Tag abgesagt. Die rechte Schulter war ständig verspannt. Ich verzichtete auf Schwimmen und alles, was über die Schulter ging. Jeder Physiotherapeut, Osteopath und Arzt hatte eine andere Idee, was aber alles nicht besser machte. Das Geld hätte ich mir sparen können – später wusste ich auch warum. Man braucht eine brutal detaillierte Diagnose, um zu sehen, was abgedrückt wird, wo es klemmt und wie man das im Alltag hinbekommt. Da ich Bauchschläfer war, habe ich die Hände ständig unter das Kissen gesteckt. Das habe ich mir abgewöhnt, zuerst als Seitenschläfer, dann bin ich später Rückenschläfer geworden. Meinen rechten Arm fixierte ich mit einer Handbandage, sodass ich den nur bis 90° hochnehmen konnte. Ich trug keine Taschen oder Rucksäcke mehr.

Habe die Arbeit gewechselt, sodass ich keine pflegebedürftigen Bewohner mehr hatte, sondern nur psychisch beeinträchtige. Trotz allem habe ich mir damit nur Zeit erkauft. Die Halsrippe mit der ersten Rippe drückten im Plexus über Jahre auf Nerven, Venen und Arterien. Am Ende wollte ich die OP in Kassel einfach, weil die Ärzte dort auch nicht mehr die jüngsten waren. Wer weiß, ob später noch so gute da sind. Ich bereitete mich mental vor. Regeln was ist, wenn es schief geht. Hab mich zu noch fitteren Bewohnern versetzen lassen, für den Fall, dass mir nur ein Arm erhalten bleibt.

Meine Frau hat drei Wochen Urlaub genommen wegen der Kids und als Unterstützung nach der OP. Es kam der Tag X, wo es nach Kassel ging. Die Nacht vor der OP war der Horror, aber was danach kam, darauf war ich nicht vorbereitet. Als ich nach der Narkose aufwachte dachte ich, ein Bär hätte mich rechts zerfetzt. Es tat wirklich weh und ich bin nicht wehleidig. Die ersten zwei Tage drückte ich die Schmerzpumpe, schlafen, aufwachen…wieder von vorne. Essen konnte ich nicht wegen der heftigen Übelkeit. Der dicke Schlauch (Drainage) in der Seite war ätzend. In der dritten Nacht konnte ich nicht atmen. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich nicht, dass mein Zwerchfell angeknackst war und ein Zwerchfellhochstand vorhanden war. Bin irgendwann tief in der Nacht aufgewacht und dachte, ich sterbe. Hatte wohl eine richtige Panikattacke, weil ich keine Luft bekam. Habe nach der Schwester geklingelt, die mir nicht wirklich helfen konnte. Hat mir eine Schlaftablette gebracht, die ich unter dem Kissen versteckt habe und habe mich weiter durch die Nacht gequält. An Tag 5 kam die Drainage raus und ab da wurde es von Tag zu Tag besser.

Dr. Prescher schaute jeden Tag abends nach mir und hat sich Zeit zum Reden genommen. Das hat mir geholfen. Insgesamt war ich 13 Tage im Krankenhaus. Somit war die Hälfte geschafft. Ich habe alles getan, damit der OP-Erfolg dauerhaft bleibt. Bis auf Schmerzen hatte ich kein Kribbeln oder Taubheit in den Fingern.

Zu Hause angekommen, musste ich feststellen, dass ich sehr schnell überfordert war. Helfen im Haushalt, Kind wickeln oder Spülmaschine ausräumen ging erst nach knapp 6 Wochen. Spazieren gehen für die Kondition habe ich stückweise gesteigert.

Es wurde alles besser, aber Schmerzen hatte ich trotz Morphium. Nachts habe ich den Arm mit einer Handschiene fixiert, damit er nicht über den Kopf wandert. Insgesamt war ich 6 Monate zu Hause. 18 Monate nahm ich das Hydromorphon und machte dann einen kalten Entzug, was eine Woche Grippe zur Folge hatte. Ich brauchte zwei Wochen, um die Psyche zu regenerieren. Die Schmerzen waren zum Glück verschwunden.

Ein neues Leben begann, bis sich die linke Seite mit massiven Schmerzen meldete. Das Kopfkino fing wieder von vorne an – OP ja oder nein.  Physiotherapie etc., um zu sehen, ob es wirkt. Doch nichts half, teilweise konnte ich vor Schmerzen nur sitzen oder liegen. Ein Jahr habe ich durchgehalten und mich dann auch dafür entschieden, links die Rippen rausschneiden zu lassen.

In Kassel stellte man fest, dass hier keine Halsrippe, sondern eine rudimentär angelegte vorhanden war. Die OP war im Gegensatz zur ersten deutlich angenehmer. Ich war schneller fit und konnte früher belasten. Etwa sechs Wochen postoperativ kamen heftige Schmerzen, die bis jetzt andauern. So genau weiß niemand, was es ist. 

Aktuell nehme ich wieder Hydromorphon als Versuch und kann so ziemlich alles im Alltag und Beruf machen. Mal sehen…vielleicht ist es auch links nach 18 Monaten vorbei. Bis jetzt bin ich zufrieden. Vielleicht hätte ich links doch so lange wie rechts schonen sollen. Die Zeit wird es zeigen.

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